1. Hirtenbrief Eldagsen und Alferde

Nachricht Eldagsen, 27. März 2020

Wie ein Leib viele Körperglieder mit unterschiedlichen Aufgaben hat, so sind wir alle ein Leib in Christus und untereinander ist einer des anderen Teil.
Römer 12,4

Liebe Gemeindeglieder,
liebe Leserinnen und Leser,
manche meinen, dass sei die Zukunft der Kirche: Digitale religiöse Angebote von Filmen, Texten und Musik, die jederzeit überall nach eigenem Geschmack abgerufen werden können. Wozu da noch Gottesdienst in der Kirche?

Es war schon merkwürdig, als ein kleines Mitarbeiterteam mit mir am vergangenen Samstag in der Kirche eine Video-Andacht aufnahm. Die Kirche war leer und kalt. Zu leeren Bänken zu sprechen, nur eine Kamera vor sich, war skurril. Gegen das Gefühl halfen auch der Kameramann und die Mitarbeiter wenig. Es fehlte das Gegenüber, die interessierten Blicke der Teilnehmenden, die Reaktionen, wenn ich gelegentlich aufforderte sich zu äußern. Gottesdienst kann nicht vorgeführt werden. Er wird gefeiert. Dazu gehören Mitfeiernde. Selbst ein Fernsehgottesdienst wird zu normalen Zeiten nicht ohne Gemeinde aufgenommen. Gemeinde ist kein Publikum, auf das auch verzichtet werden kann. Gemeinde ist ein Leib, bestehend aus vielen Körperteilen. Im wöchentlichen Gottesdienst kann er sich als Ganzes erleben. Wie ein Körper nur lebt, wenn seine Körperteile aneinander hängen und sich gegenseitig ergänzen und zuarbeiten, so ist auch Gemeinde nur Gemeinde, wenn sie sich als Ganzes versteht. „Die leibliche Gegenwart anderer Christen ist dem Gläubigen eine Quelle unvergleichlicher Freude und Stärkung“. (Dietrich Bonhoeffer, Gemeinsames Leben.)

Im Moment aber ist Ausnahmezustand. Zurzeit sind Flexibilität und neue Wege gefragt miteinander in Verbindung zu bleiben. Gut, dass es viele elektronische Möglichkeiten dazu gibt. Allerdings gibt es auch Menschen, die nicht darauf zugreifen können. Soweit sie zu regelmäßigen Gottesdienstteilnehmenden gehören, versuche ich ihnen diese Zeilen per Post zukommen zu lassen. Andere erhalten sie als E-Mail.

Jemand fragte mich in diesen Tagen, ob die aktuelle Krise mit ihren belastenden Auswirkungen als Maßregelung Gottes zu betrachten sei. Als Strafe Gottes verstehe ich sie nicht. Im Evangelium wird dem Glaubenden zugesprochen, dass ihm Gottes Gnade geschenkt ist. Als Reden Gottes verstehe ich die Krise schon – so, wie Gott auch durch andere, beglückende Ereignisse spricht.

Mir verdeutlicht die gegenwärtige Situation, wie kostbar die Freiheit ist, sich als Leib Christi zu versammeln und einander zu begegnen. Meine Hoffnung: Dass viele Menschen diese Kostbarkeit durch die jetzige Kontaktsperre neu schätzen lernen. Manchmal muss man dazu erst den Mangel erleben.

So freue ich mich schon wieder darauf, wenn der Ausnahmezustand – hoffentlich in absehbarer Zeit – gelockert wird, und wir nicht mehr nur per Telefon, Brief oder digitale Medien miteinander verkehren. Wer die technischen Möglichkeiten besitzt, lasse sich bis dahin – wie am vergangenen Sonntag – über die Homepage der Kirchengemeinde im Internet mit Video-Andachten überraschen (www.kirchengemeinde-eldagsen.de). Unterschiedliche Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter wirken daran – wie in den Gottesdiensten – aus der St. Alexandri-Kirche mit. Auf jeden Fall bleiben wir verbunden im Glauben, in der Kraft des Heiligen Geistes, im gegenseitigen Gedenken und im Gebet. Gott segne und behüte Sie und Dich!

Gott, liebender Vater,
wir danken dir für unser Leben. Wir danken dir, dass wir im Glauben verbunden sind mit dir und miteinander wie ein lebendiger Körper – auch wenn wir uns im Moment nicht sichtbar begegnen können. Hilf uns diesen Schmerz auszuhalten und die Verbundenheit zu glauben.

Alle unsere Sorgen und Ängste, die uns in dieser Zeit beschweren, legen wir in deine Hand. Gib denen eine Perspektive, die jetzt um Ihre Zukunft bangen. Stärke diejenigen, die in dieser Zeit besonders gefordert sind. Gib denen Geduld, die unter den Einschränkungen leiden.

Danke für allen Gemeinsinn, der jetzt aufbricht und für alle Hilfsangebote, die es gibt. Gib uns die Freiheit sie bei Bedarf anzunehmen. Schenk, dass bald wirksame Medikamente gefunden werden und die Zeit wiederkehrender Normalität näher rückt.

Deiner Liebe und Treue befehlen wir uns an – im Namen Jesu. Amen!

In der Hoffnung, uns bald wieder leiblich und sichtbar unter Gottes Wort und im Abendmahl versammeln zu können, grüße ich herzlich,
Ihr / Euer

Gerald Flade


P.S. In der Zeit vom 28.März bis 5. April bin aus Urlaubsgründen nur im Notfall zu erreichen. Vertretung bei Amtshandlungen: Pastor Anselm Stuckenberg, Gestorf, Tel. 05045-4110622